Dienstag, 1. August 2006

tbilisi is in georgia

halb 12 in der nacht. das flugzeug hat die geplante reiseflughöhe erreicht. die anschnallzeichen erlischen. die rückenlehnen werden rücksichtslos nach hinten abgesenkt. es war ein anstrengender tag, die kommenden drei stunden schlaf hat man sich redlich verdient. das gedimmte kabinenlicht tut ein übriges. doch dann werden die halogenstrahler angeknipst. es gibt abendbrot. wer jetzt noch hunger hat, sollte sich beim barmer-bonuspunkteprogramm bewerben. aus irgendwelchen posten muss sich aber der flugpreis zusammensetzen. also pasta.

landung, flugzeug über gateway verlassen, bus zum terminal, viele junge paare mit kleinen kindern. beim einsteigen waren sie mir nicht aufgefallen, während des fluges hat man sie nur aus allen richtungen gehört. das gepäck muss vor dem ausgang völlig sinnfrei auf ein erhöhtes förderband gehoben werden, ich mache es einfach den vorgängern nach, auch wenn auf dem förderband einfach gar nichts passiert. die russisch sprechenden georgier fluchen laut über diese maßnahme. die georgisch sprechenden wohl auch. nur kann ich sie nicht verstehen.

ich werde abgeholt. koba, mein vermieter, kümmert sich den ganzen tag rührend um mich. weil ingrid noch länger als geplant in deutschland weilen muss, fühlt er sich für mich verantwortlich. wir fahren über eine breite straße richtung stadtzentrum. vor einigen jahren sah sie aus wie alle anderen georgischen straßen. doch dann kam mr. bush jr. zu besucht, und man erneuerte die ganze straße. zugleich wurden die häuser zu beiden seiten gestrichen. ein schelm, wer an den revisor denkt. markierte spuren gibt es aber weiterhin nicht.

so geht es richtung stadtzentrum, immer an den schlaglöchern vorbei. mitten in die stadt hat sich ein während der perestroika zu geld gekommender mann eine riesige moderne burg bauen lassen, mit glocken auf einem hohen turm. meine wohnung liegt etwa 30 min zu fuß vom un-gebäude. straßen, häuser und hausflur sehen sehr russisch aus. ich fühle mich also zu hause. der blick aus dem fenster fällt auf einen berg, manchmal kann man die seilbahn sehen. sachen ausgepackt, eine stunde geschlafen. dann klingelt koba zur stadtrundfahrt. kirchen der verschiedensten religionen, grundmauern von alten russischen burgen, stadtgeschichte, legenden, zahlen. koba will mich überreden, coole fotos zu machen. ich entscheide mich für die langweiligen „ich vor sehenswürdigem hintergrund“ und ärgere mich beim anschauen darüber. den rest des tages verschlafen.

burg gefahr stadt

nach einigen unsicherheiten finde ich am nächsten morgen das un-haus. dieses liegt sehr schön an einem parkähnlichen und verkehrsberuhigten kreisverkehr. die blaue und weiße farbe bröckelt von den außenwänden. angeblich wird jedes jahr einmal nachgestrichen, die farbe sei aber zu schlecht. „ich möchte zu jonathan hadaway“ – „sie können dort auf den polstersesseln auf ihn warten“ – „aber er wird nicht kommen, weil er nicht weiß, dass ich da bin“ – „na dann, dort ist das telefon. die liste mit den nummern befindet sich im obersten schubfach“
jonathan ist noch in abkhazia, es hätte also wirklich noch eine ganze weile gedauert. abkhazia liegt im nordosten des landes und ist eines der konfliktgebiete. im büro des sicherheitsbeauftragten ist eine römische vier auf das gebiet gemalt. zweithöchste stufe. bei 5 wird evakuiert. natürlich nur, was ein „un“ in der berufsbezeichnung trägt. tschetschenien ist 5. georgier dürfen in die abtrünnigen gebiete nicht reisen, weil die dort lebenden volksgruppen auf georgier nicht so gut zu sprechen sind. der grenzübergang im norden ist gesperrt. möchte man also in den norden gelangen, fliegt man bis moskau und dann wieder zurück, z.b. nach nordossetien. der sicherheitsmann sagt: „wenn es krieg gibt, dann holt man sie zu hause ab und fährt sie zum sammelpunkt“. ich muss schockiert aussehen. deshalb fügt er hinzu: „wir hoffen nicht, dass es dazu kommt.“ schon besser.

ich lese den ganzen tag texte über georgien und unicef und unicef in georgien.

auf dem rückweg verschlägt es mich in einen supermarkt. zweieinhalb kleine räume, vollgestopft mit deutschen exportschlagern. beinahe die gesamte kaufland „gut&günstig“-reihe liegt in den regalen. beck’s zu zwei euro pro 0,33 flasche. es gibt extrawurst, niveacreme, milka, alufolie und motoröl. jetzt fühle ich mich nicht mehr zu hause. ich kaufe rexona und deutsches noname duschbad, weil ich den georgischen hygieneprodukten nicht traue.

auf der straße das typische osteuropabild: mercedes, bmw und vw auf der einen seite und alle anderen nichteuropäischen marken auf der anderen seite halten sich exakt die waage, bei leichten vorteilen für die deutschen. sehr beeindruckend, wenn man bedenkt, dass 57% der georgischen bevölkerung pro tag weniger als 2 dollar verdient.

kurz vor meinem wohnblock bittet mich eine frau durch das geöffnete aber vergitterte fenster, ihre tür von außen aufzuschließen. ich tue ihr den gefallen.

ich benötige vier verschiedene schlüssel, um meine tür zu öffnen.

mein-haus tuer haus2 haus3

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