Mittwoch, 27. September 2006

abchasien II

am vormittag beladen wir das auto mit flyern und postern zu vogelgrippe und beliefern die bildungsministerien der verschiedenen regionen. unterwegs sehen wir den abchasischen präsidenten und den bürgermeister suchumis. großes land.

sochumi, die hauptstadt abchasiens, liegt am schwarzen meer. wir fahren mit unserem jeep die sunset-boulevardeske uferpromenade entlang zu der familie eines mädchens, das sich vor einem jahr durch einen unfall große teile der haut verbrannt hat. es wurde erreicht, dass es nach georgien für die verschiedenen operationen ausfliegen darf, unicef bezahlt flüge und op. die dankbarkeit der eltern kann man sich in etwa vorstellen.
natürlich werden wir zu einem kaffee überredet, nachdem wir das essen aus ausschlagen mussten. nach vielen vielen trinksprüchen (und jedes mal muss das glas geleert werden, gottseidank nur wein) mit vielen netten worten machen wir uns beschwingt auf den weg, ruslan musste als fahrer nicht so viel trinken.

sie lehren mich backgammon. es gibt zwar im schaschlikrestaurant nichts zu essen, aber immerhin haben wir uns etwas zu trinken mitgebracht.

auf dem compound gibt es ein kleines fußballfeld, auf dem dann auch alles fußball spielt, was nicht aus ideologischen gründen darauf verzichtet – jonathan kommt aus kanada. es ist ein guter tag. der quirliger deutsche mit dem langärmligen weißen unbedruckten trikot trifft zweimal aus dem nichts und macht auch in der abwehr eine gute figur. nur ist er völlig unfähig, den ball gegen einen gegenspieler zu behaupten. unser team gewinnt knapp.
in der rauchfreien unomig-kneipe steht ein billardtisch und ein kicker. beim kickern bin ich souverän, aber jonathan spielt so gut billard, wie ich es noch nie in real (also nicht bei eurosport oder ähnlichen sportspartenkanälen) gesehen habe, auch mit rückwärts und mathematisch unmögliches. am ende versenkt er die schwarze kugel gekonnt im falschen loch. aber ich sah wirklich denkbar schlecht aus gegen ihn.

am dienstag machen wir etwas sightseeing/kriegstourismus. wir kommen an einer brücke vorbei, die lange zeit stark umkämpft war und die grenze zwischen abchasischen und georgischen truppen darstellte, aber fahren auch in touristenorte, die voll sind von urlaubenden russen. wir besuchen ein kloster, neben das sich stalin eine seiner datschen gebaut hat.
die unicefler haben es hier mit sehr überflüssien schwierigkeiten zu tun. während ich in deutschland im internet einen flug in die welt buchen und mich dort (in der welt..) mit bargeld versorgen kann, ist das in abchasien nicht so leicht. es gibt keine flugverbindung ins ausland. und es ist nicht möglich, von georgien geld auf ein abchasisches konto zu überweisen. damit die frau im gesundheitsministerium zu einer impfschulung in moldau fahren kann, muss sie daher nach moskau fliegen, zurück nach moldau, sich dort mit dem unicefrepräsentanten treffen und bargeld geben lassen. als wir ihr die flugtickets zu hause vorbeibringen - sie hat noch nicht einmal ein ständig funktionierendes telefon und wir müssen mehrfach vorbeifahren - und die weiteren instruktionen für die fahrt geben, das ganze in einer abgelegenen hinterhofwohnung, hat das schon etwas geheimdiensthaftes.

am abend begebe ich mich an den strand, das wasser hat eine mir angenehme wassertemperatur irgendwo zwischen ostsee und wannsee nach staatsrecht, aber eher wannsee. und wie ich auf dem rücken im wasser dahintreibend darüber nachdenke, wie fein es doch ist, im schwarzen meer zu baden, ramme ich einen betonwall, der zwar unter der wasseroberfläche aber dennoch nicht tief genug auf unachtsame rückenschwimmer wartet. ungefähr und völlig übertrieben 4/5 meines rückens sind blutig aufgeschürft. das salzwasser in seiner desinfizierenden wirkung brennt sich schön hinein (was sagen die sprachwissenschafter, ist das ein oxymoron?). ich habe ein foto davon gemacht, das ich aus jugendschutzgründen aber nicht veröffentlichen werde, damit ich nicht bei der bundesprüfstelle für jugendgefährdende internetseiten verpfiffen werden kann.

in den abendstunden betätigen uns abermals sportlich, unser weniger ergebnisorientiertes sondern betont schönes spiel resultiert folgerichtig in einer niederlage.
vom flughafen außerhalb sochumis geht es am Mittwoch zurück. auf dem flugfeld wartet ein russischer MI8 auf uns. kundige wissen: ein hubschrauber. während des flugs verfestigt sich mein anfängliches grinsen zu einer verzerrten grimasse. ich schaue sehr glücklich drein. fliegender wechsel in kutaisi nach einer flugstunde. ich besteige eine antonow im uno-layout. hubschrauber sind laut, propellermaschinen sind laut. wir fliegen über poti, den größten hafen georgiens und über mskheta, und ich erkenne jene stelle, an der die beiden flüsse zusammenfließen, wo ich rast machte am mskheta-wochenende.

ich kann mich noch immer nicht daran gewöhnen, dass das coole uno-auto am flughafen auf mich wartet.

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